.Mein Freund Gerd
Texto: Mª José Basterra Tur
 

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Am vergangenen Mittwoch, dem 2. April, bin ich mit einigen meiner SchülerInnen ins Kino Olite gegangen. Es wurde der deutsche Film „Das Leben der Anderen" gezeigt, der in der ehemaligen DDR spielt. Es gibt darin eine Szene, wo der Schriftsteller Dreyman sich mit Freunden treffen will, um etwas zu planen, aber sie befürchten, er könnte vom Ministerium für Staatssicherheit (der „Stasi") überwacht werden, und sind sich nicht sicher, ob seine Wohnung nicht „verwanzt" sein könnte, d.h. ob die Stasi nicht Mikrofone darin versteckt haben könnte, um alle Gespräche, die dort stattfinden, mithören zu können. Aus diesem Grund trifft sich Dreyman mit seinen Freunden in einem Park. Bei dieser Szene musste ich an meinen Freund Gerd denken.
Ich habe Gerd in den frühen 80er Jahren in Berlin kennen gelernt. Berlin war damals noch eine geteilte Stadt. Ich war dorthin gefahren, um an einem Landeskundeseminar des Goethe-Instituts teilzunehmen. Eines Tages wurde uns aufgetragen, „rüberzufahren", um Auskunft über verschiedene Stadtteile, Monumente und Anderes mehr zu sammeln. Wenn mein Gedächtnis mich nicht täuscht, ging es unter anderem auch darum, etwas über den Jüdischen Friedhof Berlin-Weißensee zu erkunden, der als der größte erhaltene jüdische Friedhof Europas gilt (im September 2005 schlug die Jüdische Gemeinde zu Berlin vor, ihn in die UNESCO-Welterbeliste eintragen zu lassen).
Jedenfalls sollten wir nach Weißensee fahren, um vor Ort die nötige Auskunft zu bekommen. Wir haben also eine Straßenbahn genommen, die in die entsprechende Richtung fuhr. Da wir uns aber nicht sicher waren, an welcher Haltestelle wir genau aus-
steigen sollten, haben wir Leute in der Straßenbahn gefragt. Ein sehr freundlicher Herr hat uns geantwortet, er selbst wollte dort aussteigen, weil er in der Nähe wohnte, und er würde uns Bescheid sagen. Als wir ausgestiegen sind, hat er sich nach dem Grund unseres Ausflugs nach Weißensee erkundigt. Wir haben ihm erklärt, wir nahmen an einem Landeskundeseminar über Berlin teil, und haben ihn gefragt, ob es vielleicht möglich wäre, ihn zu einem Kaffee einzuladen, damit er uns als echter Berliner über seine Stadt erzählte. Er hat sich bereit erklärt, mit uns zu sprechen, wollte es aber nur im Freien tun, nicht in einem geschlossenen Lokal, „wo die Wánde mithören können". Und so sind wir mit ihm in den nahegelegenen Park gegangen, wo er uns beim Spazieren viel Interessantes erzählt hat. Er war ein sehr belesener Mann und -was mich immer gewundert hat- er hatte den ganzen Stadtplan Berlins (Ost- und Westberlins) im Kopf. Er konnte sich noch an alle die Straßen Westberlins erinnern, durch die er in seiner Kindheit und Jugend in der damals noch nicht geteilten Stadt gelaufen war.
Wie wir im Nachhinein erfahren haben, hat Gerd damals im Fernmeldewesen gearbeitet. Da es als Bereich von strategischer Bedeutung für die Staatssicherheit eingestuft wurde, durften die Menschen, die darin beschäftigt waren, keinen Kontakt zu Ausländern aufnehmen. Jedenfalls nicht unkontrolliert. Deshalb hat sich Gerd so vorsichtig gezeigt.
Ich habe danach den Kontakt zu Gerd nicht verloren. Wir haben uns geschrieben, bei jedem meiner späteren Besuche in Berlin haben wir uns verabredet. Ich kann mich noch erinnern, als ich 1987, anlässlich der Feier „750 Jahre Berlin", mit meiner Mutter und einer meiner Schwestern nach Berlin gefahren bin. Da hat er uns mit seinem Trabi in seine Wohnung in Weißensee gefahren, wo wir seine Frau Christine kennengelernt haben.
Was war damals die große Sehnsucht von Gerd? Er hat sich gewünscht, problemlos überallhin reisen zu können. Ich war gerade 1986 zum ersten Mal in Griechenland gewesen und habe ihm von meiner Reise berichtet. Irgendwann kamen wir dazu, über den Ölbaum und die Rolle des Ölzweigs als Symbol des Friedens zu sprechen. Gerd hat erzählt, er hätte noch nie einen Olivenbaum gesehen und wie gern er Griechenland besuchen würde.
Ich weiß nicht mehr genau, ob es auf einen ausdrücklichen Wunsch von ihm geschehen ist, oder ob ich es aus eigener Initiative getan habe. Jedenfalls bin ich nach meiner Ankunft in Pamplona losgezogen, einen Ölbaum ausfindig zu machen und habe Gerd mit dem ersten Brief einen Ölzweig geschickt.